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Fasanenstraße 30, 10719, Berlin, Germany
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Alain Guiraudie: Je cherche quelqu‘un

Galerie Buchholz, Berlin

Thu 16 Mar 2023 to Sat 15 Apr 2023

Fasanenstraße 30, 10719 Alain Guiraudie: Je cherche quelqu‘un

Tue-Sat 11am-6pm

Artist: Alain Guiraudie

Opening: Thursday 16 March, 7pm-9pm

Ein Wohnhaus in Clermont-Ferrand, eine Immobilie (immeuble). Es ist dunkel, in einigen der Wohnungen ist Licht an, in anderen ist offensichtlich niemand daheim. Hinter einem der Fenster ist das Licht blau. War es dieses Detail, das Alain Guiraudie innehalten und den Auslöser seiner Kamera drücken ließ? Sein Interesse als Fotograf ist offensichtlich vielfältig, es braucht nicht unbedingt einen erkennbaren Anlass, damit er eine Aufnahme macht. Zu diesem Bild Immeuble Clermont-Ferrand (2021) gibt es allerdings auch einen wichtigen Kontext. Denn Guiraudie war bisher vor allem als Filmemacher bekannt, und sein neuester Film Viens je t’emmène (Nobody’s Hero, 2022) wurde in Clermont-Ferrand gedreht. Ein Wohnhaus mit mehreren Parteien spielt darin eine wichtige Rolle, denn der einsame Médéric, der eines Abends einem jungen Mann mit arabischem Aussehen Zutritt in das Treppenhaus gewährt, muss sich bald gegenüber seinen Nachbarn rechtfertigen. Und gerät überhaupt von einer Bredouille in die nächste.



Als Filmemacher wird Guiraudie dem komischen Fach zugeordnet. Und seine Filme sind schwul, oder sie erzählen sehr oft von Schwulen, zum Beispiel in L’inconnu du lac (2013), mit dem er berühmt wurde: ein Seeufer wird zur Szene eines swingend-promisken Reigens. Guiraudie macht bevorzugt Filme über einfache Leute, er ist ein Regionalist, wenn es heute noch ein France profonde gibt, dann sieht man es auch bei ihm. Zum Beispiel den Traktorvertreter Armand in Le roi d’evasion (2009). Ein vierschrötiger Typ, der sich auf Parkplätzen mit Männern trifft, und darauf besteht, dass er ohne Hilfsmittel hart wird - alles andere fände er nicht ehrlich. In Texten über Guiraudie wird häufig erwähnt, dass er Inspiration bei Georges Bataille, dem Denker der Überschreitungen fand. Mindestens so sehr aber ist er von den komischen Helden des kommerziellen Kinos beeinflusst, von Menschen, die mit ihrem Begehren nicht immer gut umzugehen wissen. Die Prostituierte Isadora in Viens je t’emmène ist auch so ein Fall - eine Femme fatale in Rot, fatal aber auch für sich selbst.



Wie übersetzt sich der vertrackte Humanismus seiner Filme in die Fotografien? Es gibt motivische Anklänge an die lapidaren Bildkompositionen, auf denen sein Slapstick oft beruht, zum Beispiel ein nackter Mann in einem Feld vor einer Ruine, Homme nu devant une ruine Tourcoing (2018). Oder noch grundsätzlicher der Homme dans la végétation (2018), ein Mann, der im Grün fast verschwindet (in einer Szene, die wiederum latent das Cruising-Motiv aufgreift). Komik entsteht aus Konflikten, auch aus Unfällen, manchmal schon aus Kleinigkeiten wie einem Windstoß, Bateau chemise au vent Bretagne (2018). Guiraudie zeigt sich in seinen Fotografien aber auch einfach als kontemplativer Beobachter. Gern in halb dunklen, nächtlichen Szenen. Nicht alles muss als Ansatz zu einer Geschichte, zu einer dramaturgischen Idee, zu einem Fortspinnen dienen, schon gar nicht als Moment, aus dem ein Gag werden könnte. Es ist ein wenig, als sähe man ihm beim Fotografieren bei einer Übung zu, die ihm erlaubt, seinen umtriebigen Geist auch einmal zur Ruhe kommen zu lassen. Und doch enthält jedes Bild das Potential für einen Exzess. Aber ist wohl auch dem Medium der Fotografie als solchem geschuldet.

all images © the gallery and the artist(s)

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